Zum Thema Schnittrosenproduktion gibt es im Buch „Rosen unter Glas“ von Prof. Dr. Helmut Rupprecht einen ausführlichen Artikel, aus dem, sofern es Berlin betrifft, nachfolgend auszugsweise zitiert wird:
Wir müssen lange suchen, ehe wir über dieses Stoffgebiet etwas in der Literatur finden. Erst um 1750 wird von einer Rosenkultur unter Glas, damals noch als Treiberei angesehen, berichtet. Diese Liebhaberei dehnte sich nach 1800 zu größerem Umfang aus und war dann häufiger in Herrschafts- und Schloßgärtnereien anzutreffen. Auch in den Wohnungen des Bürgertums fand man die Geflogenheit, Rosen zum Blühen zu bringen. Sie erreichte um die Mitte des 19. Jahrhunderts etwa ihren Höhepunkt.
[de L´Aigle, Alma, Begegnung mit Rosen, 1 Auflage,Hamburgische Druckanstalt 19571, S. 49-55]
Nichts hat die Hausrosenkultur so stark gefördert und manchmal so schlagartig, so rasant vorangebracht wie die Entwicklung der Technik, allen voran zunächst die Veränderungen im Gewächshausbau, und die Schaffung neuer besser geeigneter Sorten.
Was man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts „trieb“, waren die Rosen und die Rosenklassen, die in den Gärten bekannt waren. Mit Vorliebe nahm man Moosrosen, aber auch schon Bourbon- und anschließend Noisetterosen. Später lösten die Remontanthybriden sie ab.
Einer der ersten, der in Berlin durch seine unter Glas zur Blüte gebrachten Rosen
hervortrat, soll WECKMANN gewesen sein. Er hatte in die Gärtnerei des verstorbenen CLASS vor dem Kottbuser Tor eingeheiratet und wenige Jahre darauf begonnen, den bisherigen Gemüsebetrieb auf blühende Monatsrosen im Winter umzustellen. WECKMANN ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der einzige in Berlin gewesen, der sich um diese Zeit mit der Rosenkultur befasst hat, denn schon Jean David BOUCHE, der Sohn eines in Berlin eingewanderten Hugenotten, hatte Topfrosen unter Glas in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kultiviert.
Ab 1865 setzten jedoch in der Rosenkultur unter Glas beachtliche Umstellungen ein. Die noch neuen Remontanthybriden erschienen mit ihren langen Stielen als Schnittrosen auf dem Markt. Den Anstoß der Schnittrosenproduktion unter Glas gaben die Hamburger Gärtner, die auf Blumenausstellungen in Berlin schöne, langstielige, unter Glasschutz erzeugte Remontantrosen vorführten. Schnittrosen wie überhaupt Rosen bezog man zu jener Zeit fast nur aus Frankreich.
WECKMANN soll jährlich 2000 bis 3000 Stück verkauft haben. Aber auch die zur Zeit Friedrich II eingewanderten Hugenotten, unter denen sich ja viele Gärtner befanden, bzw. ihre Nachkommen waren auf diesem Spezialgebiet rührig. Der 1818 geborene Andreas DRAWIEL kam 1854 nach Lichtenberg in die Dorfstraße. Einige Jahre nach WECKMANN griff er die Rosenkultur auf und überließ seiner Frau den Gemüsebau und den Verkauf. Die Erzeugung edler Schnittrosen wird sein besonderes Anliegen, das er ständig weiter vorantreibt. Monatsrosen, Centifolien und Remontantrosen findet man in seinem Betrieb. Er pflanzt dazu Hochstämme unmittelbar im Haus aus oder stellt eingetopfte Hochstämme
ein. Die Häuser waren heizbar.
Zusammen mit seinem Sohn soll er über Winter später 12.000 bis 15.000 Rosen kultiviert haben. Man sagt, daß er täglich 360 bis 460 Stück, zur Saison bis 600 Stück geschnitten habe. Man findet bei ihm gegen Ende der achtziger Jahre schon die Remontantrose „Ulrich Brunner fils“. Um 1865 hatten schon mehrere Schnittrosengärtnereien Boden gewonnen. Berlin verbrauchte nach den amtlichen Darlegungen jährlich 50.000 bis 52.000 Topfrosen, darüber hinaus noch 10.000 bis 12.000 Schnittrosen.
In Steglitz befasste sich Karl LACKNER, einer der Pioniere der Fliedertreiberei, in seiner neuen, in der Albrechtstraße 57 gelegenen Gärtnerei ab 1878 mit der Rosenkultur. Er konnte 1884 beweisen, daß die Rosen unter Glas bei uns genausogut im freien Grund ausgepflanzt zu kultivieren sind wie in den USA. Die Höhe seiner Glashäuser entsprechend standen auf dem Mittelbeet Hochstämme und auf den Seitenbeeten niedrige Rosen. Dabei wurden dunkelrote Sorten bevorzugt – wohl eine alte besondere Marotte der Berliner, aber auch helle wurden angebaut.
Von THIEL in Plötzensee berichtet man 1885, daß er seine Rosen mit dem Rieselwasser der dortigen Strafanstalt bewässerte. Die Gefahr einer Überdüngung oder Versalzung des Bodens dürfte dabei kaum bestanden haben.
Um 1885 lebte die Kultur von Hausrosen überall in Deutschland auf Die Berliner Gärtner standen dabei nicht zurück BUNTZEL in Niederschöneweide konnte als erster ein großes Gewächshaus voll blühender Rosen im November vorweisen und von Mitte Dezember an ein weiteres.
BACHER in Pankow erschien als erster Berliner Gärtner auf einer Winterblumenschau vom 22. bis 23. Januar 1884 mit Hochstämmen und Büschen blühender Rosen. In diese Epoche hinein fällt auch die Begründung eines der später wichtigsten und bekanntesten Hausrosengebiete Deutschlands, des Britzer Anbauzentrums. Der erste, der hier Rosen kultivierte, war Gustav HECHT. 1882 begann er in Britz in der Chaussestraße. Ein Jahr später folgte CZUBOWICZ und schließlich kam noch TRUBLER hinzu. Bis zum 1. Weltkrieg entstanden gut 50 Betriebe für den Rosenbau. Im Britzer Rosenanbauzentrum, wozu nach 1918 auch Mariendorf Buckow und Rudow gehörten, wurden nur veredelte Rosen gepflanzt. Aber bei CLAS in Zehlendorf standen später wurzelechte Rosen der Sorten „Liberty“ und „Richmond“.
In den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende begannen Friedrich SCHWARZ und August NOACK in Mariendorf in der Britzer Straße. Diese Betriebe, zu denen sich noch Hugo SCHLÖSSER gesellte, entwickelten sich zu den größten, fortschrittlich arbeitenden und wirtschaftenden Firmen nicht nur Berlins, sondern Deutschlands. Sie erwarben sich weit über die nationalen Grenzen Achtung und Anerkennung.
Der Rosenanbau hatte sich zwar im Süden Berlins konzentriert, es gab aber auch noch an anderen Stellen beachtliche Betriebe, so den von BRANDT in Mahlsdorf weiterhin in Lichtenrade und anderen Stadtteilen. 1910 umfasste der gesammte Schnittrosenanbau Berlins rund 50 ha. Die Rosen wurden in allen Teilen der ständig wachsenden Metropole abgesetzt, jedoch wurde auch ein reger Export nach den skandinavischen Länder und Russland betrieben.
Berlin wurde von der Jahrhundertwende an auch durch Betriebe anderer Orte in der näheren und weiteren Umgebung mit Rosen und Schnittblumen versorgt. Babelsberg, Potsdam, Werder Luckenwalde und vor allen Dingen Trebbin, das sich seit der ersten Gärtneransiedlung zu einem geschlossenen Zentrum entwickelt hatte, gehörten dazu.“
Eine Sonderstellung unter den Berliner Gärtnereien nimmt die Baumschule SPÄTH ein. 1720 wurde die Firma als Gemischtbetrieb gegründet, später wurden Samenbau und Samenhandel angefügt, sowie durch Blumenzwiebelanbau ergänzt, bevor man sich dem Baumschulbetrieb zuwandte. Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts galt das Unternehmen Späth, mit offiziellem Namen Ludwig Späth, als die größte Baumschule der Welt. Sie prägte die Stadtentwicklung. Die Ortsteile Baumschulenweg und Späthsfelde erinnern an diese Tradition.
1874 errichtete Franz Späth auf dem Gelände seiner Baumschule sein Herrenhaus, das er mit einem heute nicht mehr existierenden Rosarium und 1879 mit einem Arboretum auf einer Fläche von 20 Morgen (ca. 5 ha) umgab. Damals waren schon ca. 4000 Arten und Spielarten von Bäumen und Sträuchern vorhanden, die dort auf ihre Tauglichkeit für die Verwendung in Deutschland getestet wurden. Gleichzeitig diente der Gehölzbestand als Mutterpflanzenquartier für die Produktion. Dieses Arboretum hat die Zeiten und verschiedene Gesellschaftsformen relativ gut überstanden. Seit 1961 untersteht es dem Institut für spezielle Botanik der Humboldt-Universität Berlin und ist seit 1966 für die Öffentlichkeit zugänglich.
Es gibt einige Rosensorten, die durch die Firma Späth in den Handel gebracht wurden (die Firma hat nie selbst gezüchtet) bzw. durch ihren Namen an diesen Traditionsbetrieb erinnern.
„Frau Astrid Späth“
Aus Anlass des 250 jährigen Jubiläums der Baumschule brachte die Firma W. Kordes´ Söhne 1970 die Sorte „Späth´s Jubiläum 250″ in den Handel. Als Wildrose existiert eine Kreuzung aus R. palustris und R. rugosa, die 1902 von Gräbner gezüchtete R. x spaethiana. 1941 widmete der Züchter Tepelmann eine Strauchrose der „Frau Geheimrat Späth“.
Am bekanntesten, da noch immer verwendet, sind die Polyantha-Hybriden „Frau Astrid Späth“ (karminrosa Sport von „Joseph Guy“ Späth 1930) und der weiße Sport von „Lafayette“ „Dagmar Späth“ (Wirtz und Eicke, Späth 1935).
Alma d´Aigle schrieb in ihrem 1957 erschienenen Rosenbuch über diese beiden Rosen:
„Dagmar Späth“
„Ist das eine kleine tüchtige Frau! Fleißig von früh bis spät. Immer im frischgewaschenen rosa Blütenkleid, nett gefüllt, gut in Form, einheitlich in der Farbe, was will man mehr.
Prof. Dr. Rupprecht, Helmut, Rosen unter Glas, 1 .Auflage,
Fünf Jahre nach der hübschen „Frau Astrid Späth“ entstand diese weiße Mutation, die ebenso beliebt geworden ist wie ihre Mutter. … Die vielen Blüten an zarten Zweigen wirken wie Seidenpapier, wie die ganze Erscheinung dieser Rose etwas Hauchfeines, Zartes hat. … Die Blüten haben viel Lust zu mutieren, ganze oder halbe Blüten sind dazwischen zartrosig,
rosa oder weiß. …Sie ist duftlos wie Papier. … Aber sie ist ununterbrochen am Blühen, sehr fleißig, bis in den Herbst hinein.“ [2, S 146 und 150]
Neumann-Verlag Radebeul 1970, S. 146 und 150
Gezielte Rosenzüchtung in Berlin erfolgte erst in den 1960er Jahren durch den schon zitierten Prof. Dr. Rupprecht in Wendenschloß, einem Ortsteil des damaligen ostberliner Stadtbezirks Berlin-Köpenick.
In dem von ihm geleiteten „Institut für Zierpflanzenbau Köpenick“ der Humboldt- Universität züchtete er Rosensorten für das Schnittrosensortiment. Einige dieser Sorten bewährten sich auch hervorragend als Gartenrosen. Dadurch konnten Devisen für Importe vom Weltmarkt für die DDR-Wirtschaft eingespart werden.
Die bis 1972 gezüchteten Sorten trugen vor dem Namen die Kennung Izetka als
Herkunftsbezeichnung, die auch bei den beiden privaten Zuchtbetrieben der DDR verwendet wurde. Als Beispiel seien hier genannt „Bergers Morgenröte“ (Fa. Berger in Bad Langensalza) und „Tesco Präsent“ (Fa. Teschendorf, Cossebaude).
Mit der Verstaatlichung der beiden Privatbetriebe 1972 verschwanden diese Namenszusätze, sind aber erstaunlicherweise in der aktuellen Ausgabe des amerikanischen Rosenlexikons „Modern Roses“ noch vermerkt.
Mit dem Ende der DDR verabschiedete sich auch die Rosenzucht aus Berlin. Einige der im Institut gezüchteten Sorten möchte ich hier erwähnen, sie finden sich noch in einigen Hausgärten, aber auch im Rosengarten im Bürgerpark Pankow und im Rosengarten in Dresden am Neustädtischen Elbufer.
- „Desi“ Roentgensport von „Gloria Dei“, 1964
- „Spreeathen“ Namensgeber für den Freundeskreis, 1968
- „Karneol-Rose“ eine der fast schwarzen TH 1964,
- „Köpenicker Sommer“ Floribundarose, 1968
Darüber hinaus gibt es nicht wenige Sorten, die mit ihrem Namen Bezug auf Berlin nehmen, nachfolgend einige Beispiele:
- „Adolf Grille“ Fl. W.Kordes, 1939
- “August Noack“ TH W.Kordes, 1928
- „Berlin“ Str. W.Kordes´ Söhne 1949
- „Berolina“ TH W.Kordes´Söhne, 1984
- „Die Dahme“ TH Nauke 1907
- „Die Spree“ TH Nauke, 1907
- „Die Wuhle“ TH Nauke, 1908
- „Friedrich Schwarz“ TH W.Kordes´Söhne, 1952
- „Goldelse“ Fl. Tantau, 1999
- „Gruß an Berlin“ TH W.Kordes´ Söhne, 1963
- „Hugo Schlösser“ TH W.Kordes´ Söhne, 1954
- „Schlössers Brillant“ TH W.Kordes´Söhne, 1952
- „Schöne Berlinerin“ TH Tantau 1986
- R. britziensis Späth, 1910
Einige Sorten sind leider nicht mehr nachweisbar. Das betrifft speziell 2 Nauke-Sorten, aber die meisten finden sich im Europa-Rosarium Sangerhausen.